Publikationen
Weitere Publikationen finden Sie unten:
Der Bevollmächtigte der Generalversammlung einer Genossenschaft
Der Bevollmächtigte der Generalversammlung einer Genossenschaft
Die Satzung einer „kleinen“ Genossenschaft (unter 21 Mitglieder) kann regeln, dass die Genossenschaft auf einen Aufsichtsrat verzichtet. In diesem Fall nähme nach § 9 Abs. 1 GenG die Generalversammlung die Rechte und Pflichten des Aufsichtsrates wahr, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt. Demnach verbleiben die Rechte und Pflichten des Aufsichtsrates, ähnlich wie bei einem aufsichtsratslosen Verein, bei der Generalversammlung und nicht, wie manche glauben, bei einem zu diesem Zweck gewählten Bevollmächtigten. Das Gesetz sieht nur in bestimmten Ausnahmefällen vor, dass die Generalversammlung im Falle eines fehlenden Aufsichtsrates einen Bevollmächtigten zu wählen hat:
- § 39 Abs. 1 Satz 2 GenG (gerichtliche und außergerichtliche Vertretung gegenüber dem Vorstand)
- § 51 Abs. 3 GenG (im Falle einer Anfechtungsklage)
- § 57 Abs. 6 und § 58 Abs. 3 GenG (anstelle des Aufsichtsratsvorsitzenden im Prüfungsverfahren).
Die zu unterschiedlichen Zwecken zu wählenden Bevollmächtigten können durchaus unterschiedliche Personen sein. Das ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass § 57 Abs. 5 GenG einen Bevollmächtigten „aus der Mitte der Generalversammlung“ erfordert, ein Bevollmächtigter nach § 39 GenG hingegen muss weder Mitglied der eG noch eine natürliche Person sein. Demnach gibt es „den Bevollmächtigten“ der Generalversammlung eigentlich gar nicht. Es gibt nur das Erfordernis, für bestimmte Zwecke im Falle eines fehlenden Aufsichtsrates einen Bevollmächtigten der Generalversammlung zu wählen.
Somit stellt sich die Frage, welche Rechte und Pflichten der Aufsichtsrat hat, welche davon ein Bevollmächtigter übernehmen muss und welche bei der Generalversammlung verbleiben.
§ 38 GenG bestimmt in erster Linie, was die Aufgaben des Aufsichtsrates sind:
- den Vorstand bei seiner Geschäftsführung zu überwachen,
- den Jahresabschluss (, den Lagebericht) und den Vorschlag zur Verwendung des Jahresüberschusses oder zur Deckung des Jahresfehlbetrages zu prüfen und
- der Generalversammlung vor der Feststellung des Jahresabschlusses zu berichten.
- Er hat zudem die Generalversammlung einzuberufen, wenn dieses erforderlich erscheint und
- weitere Aufgaben zu übernehmen, falls ihm die Satzung diese überträgt.
Nach § 39 GenG vertritt der Aufsichtsrat zudem die eG gegenüber dem Vorstand gerichtlich und außergerichtlich und es bedarf seiner Genehmigung bei einer Kreditvergabe an den Vorstand.
Nach § 51 Abs. 3 GenG wird die eG bei einer Anfechtungsklage von Vorstand und Aufsichtsrat vertreten.
Nach § 57 und § 58 GenG hat der Aufsichtsratsvorsitzende bestimmte Funktionen innerhalb des Prüfungsverfahrens.
Es ergibt sich demnach, dass im Wesentlichen sämtliche in § 38 GenG normierten Aufgaben des Aufsichtsrates bei der Generalversammlung verbleiben. Diese hat den Vorstand bei seiner Geschäftsführung zu überwachen und kann zu diesem Zweck die entsprechenden Auskünfte usw. einholen. Sie hat den Jahresabschluss usw. zu prüfen und andere satzungsgemäße Aufgaben zu übernehmen. Zu diesem Zweck kann sie Ausschüsse bilden und Mitglieder beauftragen.
Die gesetzlich vorgesehenen Aufgaben eines Bevollmächtigten sind vor allem die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung der Genossenschaft gegenüber dem Vorstand sowie die Vertretung im Falle einer Anfechtungsklage und im Prüfungsverfahren.
Die Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen, die der Gesetzgeber nicht ausreichend geregelt hat, sind
1. Wie kann die Generalversammlung den Vorstand gem. § 38 GenG kontrollieren und beraten?
Und
2. Ist der Bevollmächtigte der Generalversammlung bei der Vertretung gegenüber dem Vorstand von der Generalversammlung weisungsabhängig?
Grundsätzlich kann sich die Generalversammlung nicht selbst einberufen und auch keine Rechte und Pflichten ausüben. Sie fasst ihre Beschlüsse durch Stimmabgabe. Einberufen wird sie von einem Organ oder einer Person die laut Satzung gemäß § 44 GenG hierzu ermächtigt ist.
Demnach benötigt die Generalversammlung einen Bevollmächtigten oder einen Vertreter, der die Rechte und Pflichten des Aufsichtsrates für die Generalversammlung wahrnimmt und der Generalversammlung berichtet.
Des Weiteren ist es wichtig, dass ein Vertreter bzw. Bevollmächtigter die Generalversammlung unabhängig von dem Vorstand einberufen kann.
Die Generalversammlung kann ja erst „handeln“, wenn sie einberufen wurde und Beschlussfassungsgegenstände angekündigt wurden.
Aus diesen Überlegungen folgert sich, dass es wichtig ist, die gesetzlichen Lücken hinsichtlich der Kontrolle des Vorstandes mit Hilfe der Satzung zu füllen.
Dieses gilt auch für die Frage der Weisungsabhängigkeit des Bevollmächtigten.
Der medizinische Behandlungsfehler in der anwaltlichen Praxis
Ein medizinischer Behandlungsfehler kann u.a. als Diagnose-, Befunderhebungs-, Therapie und/oder auch Aufklärungsfehler bei dem/der PatientenIn eine Verschlechterung der vorherigen gesundheitlichen Situation verursachen. In den meisten Fällen wird diese Situation von den Patienten als schicksalhaft hingenommen. Oft finden Patienten den Weg zu einer Anwältin erst, wenn sie das Gefühl haben, sie werden von den Handelnden Personen nicht ernst- oder wahr genommen. Das Motiv findet sich demnach oft in dem Bedürfnis nach Genugtuung und Aufklärung oder „die Wahrheit“ herausfinden zu wollen.
Juristisch betrachtet geht es in einem Arzthaftungsprozess allerdings primär zunächst um Geld. Das Ziel einer jeden Arzthaftungsauseinandersetzung ist die Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld, denn die Gesundheit lässt sich nicht ohne Weiteres wieder herstellen. Genugtuung ist dann ggf. eine Folge der Haftungsfeststellung.
Ich werde im Folgenden erklären, wie aus meiner Sicht das anwaltliche Entscheidungsprogramm bei der Bearbeitung eines Arzthaftungsmandats ist und was der/die PatientIn tun kann/muss, um die Mandatsbearbeitung zu ermöglichen und zu erleichtern.
Bevor die Anwältin mit der Behandlerseite mit dem Vorwurf eines Behandlungsfehlers in Kontakt treten kann, müssen Informationen zusammengetragen werden, die eine Begutachtung der medizinischen Behandlung ermöglichen. Hierzu muss der/die MandantIn zunächst eine vollständige Liste sämtlicher medizinischer Behandler zusammenstellen. Des Weiteren sollte ein chronologisches und ebenfalls möglichst vollständiges Gedächtnisprotokoll des Behandlungsverlaufs angefertigt werden (mit Arztbesuchen, Vorfällen, Aufklärungsgesprächen, Anmerkungen u.ä.). Damit die Anwältin die Schadensersatz- und Schmerzensgeldforderung der Höhe und Beweisbarkeit nach einschätzen kann, benötigt sie auch Angaben zu den möglicherweise entstandenen Schäden, weshalb hierzu ein Fragebogen auszufüllen ist. All diese Notwendigkeiten werden in einem ersten Beratungsgespräch erläutert.
Entscheidet sich der/die Patientin für die Untersuchung und ihrer Behandlung, bedarf es noch einer Schweigepflichtentbindung und einer Bevollmächtigung.
Die Strategie hängt von verschiedenen Faktoren ab. Hat die Mandantschaft eine Rechtsschutzversicherung, kann sie sich ein schnelles und auch gerichtliches Vorgehen ohne Kostenrisiko leisten. Dann wäre nur noch zu klären, ob die Anwältin ein juristisch-medizinisches Gutachten erstellen soll oder (falls die Mandantin gesetzlich krankenversichert ist) ob die Krankenkasse beauftragt wird, ein MDK-Gutachten zu beauftragen. Erstes ist kostenintensiv für die Mandantschaft, hat aber einen erheblichen Zeitvorteil. Letzteres ist kostenfrei, dauert aber manchmal bis zu 9 Monate.
Hat die Mandantschaft kein Geld für eine anwaltliche Vertretung, empfiehlt sich, zunächst die Krankenkasse und den MDK zu bemühen und mit der Anwältin ein Erfolgshonorar zu vereinbaren.
Nach der ersten Begutachtung nimmt die Anwältin Kontakt mit dem/der BehanlerIn auf und fordert die Gegenseite zunächst u.a. zur Anerkennung des Schadensersatz-und Schmerzensgeldanspruchs dem Grunde nach auf. Es folgt dann eine Abgabe an die Haftpflichtversicherung der Behandlerseite. Diese setzt sich mit der Anwältin in Kontakt. Meistens fordert sie eine eigene Schweigepflichtentbindungserklärung. Nachdem sie die hat, prüft die Versicherung oder der von ihr beauftragte Anwalt den Vorwurf.
Es folgt in aller Regel eine Ablehnung der Haftung.
Mandanten mit einer Rechtsschutzversicherung können und sollten nun sofort klagen. Das Verfahren wird dann im Grunde von den Richtern aufgrund eines gerichtlich in Auftrag gegebenen Gutachtens entschieden. Ein weiteres Gutachten erhält der nicht rechtsschutzversicherte Mandant aber auch durch ein Schlichtungsverfahren. Dieses wird aber nur durchgeführt, wenn die Gegenseite damit einverstanden ist. Das Schlichtungsverfahren ist ebenfalls für die Patienten kostenfrei. Es dauert i.d.R. ungefähr 2 Jahre und endet mit einer für beide Seiten unverbindlichen Empfehlung.
Die nicht rechtsschutzversicherten Mandanten, die aufgrund der Weigerung der Gegenseite für ein Schlichtungsverfahren, was durchaus auch aus taktischen Gründen erfolgen kann, vor der Frage stehen, ob sie das erhebliche Prozessrisiko (bei unterliegen: Gerichtskosten, Anwaltskosten der Gegenseite und die eigenen) tragen wollen, können u.U. Prozesskostenhilfe beantragen und eine Teilklage erheben. Ein gewisses Restrisiko verbleibt in diesem Fall. In besonders gravierenden Fällen ist über die Möglichkeit der Prozessfinanzierung nachzudenken.
Sollte es nicht zu einer außergerichtlichen Einigung kommen, ist in jedem Fall mit einem 2-3-jährigen Prozess mit ggf. anschließender Berufung (ebenfalls 2 bis 3 Jahre) zu rechnen.
Die möglichen Stationen in der anwaltlichen Praxis bei einem vermuteten Behandlungsfehler:
1. Aufgaben der Mandanten: BehandlerInliste
Chronologisches Gedächtnisprotokoll
Ausführlicher Fragebogen (Schadensersatz, Schmerzen)
Ggf. Fotodokumentation
2. Begutachtung durch: Anwältin und medizinische Berater
MDK oder
Privatgutachten
3. Außergerichtliche Verhandlungen mit der Gegenseite
4. Bei Zustimmung ggf. Schlichtungsverfahren
5. Gerichtsverfahren 1. Instanz, meistens Landgericht (2-3 Jahre)
2. ggf. Berufung, meistens OLG (ebenfalls 2-3 Jahre)
Mieter oder Vermieter: Wer muss eigentlich die Wohnung renovieren? (veröffentlicht 2016)
Gerade bei Auszug des Mieters aus der Wohnung gibt die Frage der Renovierungsverpflichtung immer wieder Anlass zum Streit zwischen Vermieter und Mietern. Unter Renovierung versteht man die malermäßig zu erledigenden Arbeiten im Innenbereich der Wohnung. Viele Mieter glauben, sie wären per se zur Renovierung ihrer Wohnung sowohl während als auch oder zumindest am Ende der Mietzeit verpflichtet. Dabei ist es nach dem Gesetz Sache der Vermieter „die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten“ (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB). Der Mieter muss nach § 538 BGB nicht für Veränderungen oder Verschlechterungen der Wohnung einstehen, soweit sie durch vertragsgemäßen Gebrauch entstanden sind.
In der Regel versuchen die Vermieter ihre Pflicht zur Renovierung aber auf die Mieter zu übertragen. Hierzu bedarf es einer konkreten Vereinbarung mit dem Mieter. Die Vermieter stellen hierzu in den allermeisten Fällen vorgedruckte Verträge zur Verfügung, die dann von den Mietern unterschrieben werden. Soweit es nicht zu einem individuellen Aushandeln der Renovierungsverpflichtung kommt, unterliegen die Klauseln einer Inhaltskontrolle (§§ 305ff. BGB). Es handelt sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Ergibt die Inhaltskontrolle z.B., dass der Mieter ein Mehr an Renovierungsarbeiten erledigen müsste als dem Vermieter obliegen würde oder wäre der Mieter durch die Klausel in seinem Mietgebrauch während der Mietzeit eingeschränkt, dann benachteiligt die Klausel den Mieter unangemessen. Sie ist damit unwirksam. Dies gilt z.B. für starre Fristenregelungen, Farbwahlklauseln, Endrenovierungs– und Quotenklauseln.
Treffen Vermieter und Mieter zusätzlich zu den formularvertraglichen Klauseln gleichzeitig eine individuelle Vereinbarung zu den Renovierungspflichten, z.B. als Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag, dann erfasst die Unwirksamkeit der Formularklausel im Zweifel nach § 139 BGB auch die Individualklausel.
Kürzlich hat der BGH entschieden, dass selbst eine an sich wirksame Schönheitsreparaturklausel in Formularmietverträgen auch dann unwirksam ist, soweit der Mieter auch verpflichtet würde, Gebrauchsspuren etwaiger Vormieter zu beseitigen. Wurde die Wohnung demnach zu Mietbeginn nicht vollständig renoviert übergeben oder ein angemessener Ausgleich wegen des unrenovierten Teils der Wohnung vereinbart, wäre eine zunächst wirksam erscheinende Klausel ebenfalls unwirksam. Denn in diesem Fall ließe sich von dem Mieter gar nicht feststellen, welche Teile der Wohnung er renovieren müsste, da er ja nur dazu verpflichtet werden darf, die von ihm abgewohnten Bereiche zu renovieren. Diese Feststellung ist bei einer teilweise oder gar nicht renoviert übergebenen Wohnung nicht möglich.
Demnach bleibt es in den allermeisten Fällen bei der Renovierungspflicht des Vermieters.
wenn er diese formularmäßig regeln will aber die verwendeten Klauseln den Mieter unangemessen benachteiligen oder aus anderen Gründen einer Inhaltskontrolle nicht standhalten.
Der Mieter muss dann weder während der Mietzeit noch bei Auszug renovieren.
Als Vermieter wären sie gut beraten, zumindest die Renovierungspflichten nicht formularmäßig, sondern per Individualregelung mit dem Mieter zu vereinbaren. Hierbei ist zu beachten, dass an das Vorliegen einer Individualvereinbarung hohe Anforderungen seitens der Rechtsprechung gestellt werden. Für Mieter lohnt es sich in jedem Fall, die vertraglichen Renovierungspflichten zumindest vor dem Auszug oder der nächsten Renovierung überprüfen zu lassen. Ggf. kann hier viel Geld gespart werden.